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Zur Geschichte

Aus einer großen Tageszeitung aus Okt. 2018

 

Neustadt. Neustadts freie Selbsthilfegruppe Respekt feiert ihr erstes Jahr. Die abstinenten Mitglieder schätzen das moderne Konzept. Treffen sind immer montags um 19 Uhr.

Alkohol ist günstig und leicht zu beschaffen. Für manchen Menschen wird der unkontrollierte Konsum schleichend zum Problem. Gesellschaftlich ist das noch immer ein Tabu-Thema. Umso wichtiger sind Einrichtungen, die helfen. Wer sich der Sucht nicht kampflos ergeben will, findet seit einem Jahr in Neustadts freier Selbsthilfegruppe namens Respekt Unterstützung.

„Helga, bring mal ein Bier“

„Helga, bring mir mal ein Bier.“ Zum einjährigen Bestehen am Montag führten drei Mitglieder ihr selbst geschriebenes Bühnenstück auf. Helga rührt sich nicht vom Fleck. Sie rührt stoisch im Kochtopf und würde ihre Suppe gerne mit Cognac abschmecken. „Das wird nix, der Cognac ist ist alle“, ruft ihr Mann. Es klingelt. Eine Diakonie-Mitarbeiterin macht das Theater-Trio komplett. „Ihre Frau hat mich angesprochen, weil Sie offenbar ein Problem mit Alkohol haben“, sagt die Suchtberaterin und wird abgebügelt. „Ich habe keine Probleme. Der einzige, der stört sind Sie. Helga, bring mir jetzt endlich das Bier.“ Am Ende gibt es Streit, Beleidigungen und knallende Türen. Viele Mitglieder entdecken ihr eigenes Verhalten wieder – leugnen, ignorieren, abstreiten. Die Szene kommt allen bekannt vor.

Das Umfeld muss helfen, aber sich abgrenzen

Auch die Angehörigen erkennen sich wieder. Auf ihr Problem der Co-Abhängigkeit soll bei den kommenden Treffen der Selbsthilfegruppe intensiver eingegangen werden. Denn ein Trinker schädigt nicht sich allein. Er kann Familie, Freunde, Bekannte und Kollegen in das falsche Spiel einbeziehen. Wer zum Umfeld gehört, muss lernen sich abzugrenzen. „Meine Kinder haben sich meinetwegen, ihrem Säufervater, geschämt. In der Schule wurden sie gehänselt“, berichtet ein erfahrenes Mitglied, das in Zeiten seines stärksten Konsums auf zwei Flaschen Schnaps am Tag kam. „Wenn ich noch mal rückfällig werde, fliege ich hier raus“, sagt er. Er nimmt die Ansage ernst.

Das Leben in die Hand nehmen

Nach dem Motto: „Respekt, dass du loslassen willst! Wir versuchen dich aufzufangen“, geht es bei den wöchentlichen Treffen am Montag im Liebfrauen-Gemeindehaus offen zu. Viele Teilnehmer waren zu Beginn eher skeptisch, fühlen sich jetzt aber angenommen, verstanden und gehalten. „Selbsthilfe bedeutet, die eigenen Probleme in die Hand zu nehmen, aktiv zu werden und nach individuellen Lösungen zu suchen. Das Ergebnis lockt, denn wir sind zufriedene Abstinente“, sagt ein leitendes Mitglied.

AOK gratuliert zum Einjährigen

Neben Gruppenabenden werden auch Freizeitaktivitäten und zusammen organisiert. Zeitgemäß finden die gut 20 Anwesenden das Angebot. „Mit dem Rückhalt der Gruppe fällt es leichter, auch Negatives im Leben zu ertragen, ohne zum Suchtmittel zu greifen“, sagt ein Gruppenmitglied. Dann hat noch jemand eine Frage. „Stimmt es, dass man nach Alkoholkonsum eine Ammoniakvergiftung des Gehirns bekommen kann?“ Kurzes Schweigen.Dann bricht eine AOK Mitarbeiterin die Stille und gratuliert im Namen der AOK Niedersachsen zum Einjährigen und hofft, wie die Mitglieder, dass es respektvoll und abstinent weitergeht.